Wort zum Sonntag - Die gute alte Handschrift

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Einfach weil mir gerade danach war, ein Wort zum Sonntag

Meinen Recherchen zufolge bin ich also ein digital native oder – wie mir Wikipedia verrät – eine „digitale Ureinwohnerin“. Also jemand, der mit der digitalen Welt aufgewachsen ist. So weit so gut, ich bin zwar sicherlich an vorderster Front was digitale Trends angeht, aber der Großteil meines Lebens, besonders des Arbeitslebens, wird von Computer, Internet und Co. bestimmt. Seit es auch noch die tolle Erfindung der Smartphones und der dazugehörigen Apps gibt, digitalisieren sich meine Gewohnheiten immer mehr. Aber in einer Sache bin ich nach wie vor ein bisschen altmodisch, also praktisch rückständig: Nach wie vor schreibe ich einige Dinge mit Hand.20150412_163346

Die Betonung liegt eh schon auf „einige Dinge“, aber das macht mich praktisch schon Steinzeitmenschen. Es scheint, also würde um mich herum jeder nur noch tippen und klicken:

Kalender – ist im Handy, damit er auch gleich mit dem E-Mail-Programm, dem Tablet und den besten Freunden synchronisiert wird.

Einkaufsliste – wird in App erfasst, wenn möglich über Barcode Scan. Damit es auch gleich die ganze Familie am Handy hat.

Vorlesungen auf der Uni – es werden sowieso nur die Kurse besucht, in denen man die vollständig mit Text befüllten Power Point Folien zur Verfügung gestellt bekommt; ein paar Tapfere tippen noch am Notebook mit

Sogar meine Schüler im Deutschunterricht ziehen es manchmal vor, das Tafelbild einfach mit dem Handy abzufotografieren anstatt die Informationen fein säuberlich in ihr Heft oder zumindest auf ein Blatt Papier zu übertragen. Von einem Vokabelheft brauche ich gar nicht zu sprechen, wenn dann ist sowieso alles in der App. (Zu letzterem bekenne ich mich übrigens auch schuldig, aber es lässt sich halt mit Anki einfach besser lernen).

Deshalb möchte ich heute mal eine Lanze für die Handschrift brechen und von meinen rückständigen Methoden berichten. Vielleicht findet sich ja doch der eine oder andere Gleichgesinnte.

Ist es nicht viel schöner, einen RICHTIGEN Kalender zu führen, in den man reinschreiben kann? Den kann man dann auch anfassen und man kann ihn verzweifelt in der großen Handtasche suchen, wenn man ihn braucht. Er ist sicher vor Datenklau, denn auch wenn sich jemand meine Handtasche schnappt, niemand kommt mehr auf die Idee, in einem Kalender nach wichtigen Terminen zu suchen. Außerdem kann ich mir bestimmte Termine besonders schön oder hässlich gestalten. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man sich Termine, die man sich händisch notiert, nicht so leicht vergisst.

Und wie uncool ist bitte eine Einkaufsliste auf dem Handy. Die kann man nicht einmal zu Hause vergessen, weil man ohne das Handy eh nicht lebensfähig wäre. Außerdem kann man auf dem Handy nicht einfach etwas so schlampig hinkratzeln, damit man es später nicht mehr versteht. Wie fad, wenn man immer genau entziffern kann, was man – oder die besser Hälfte – unbedingt kaufen wollte.

Schließlich und endlich doch auch noch der Blick aufs Sprachenlernen, denn der darf natürlich nicht zu kurz kommen. Gerade für mich als schlampige Hudlerin (das Wort ist im DUDEN übrigens als „landschaftlich umgangssprachlich“ markiert) ist es ideal, wenn ich Übungen oder Texte handschriftlich bearbeite. Wenn ich Lückentextübungen bearbeite, schreibe ich zum Beispiel den ganzen Satz inklusive der ausgefüllten Lücke ab. Dadurch kann ich mich viel besser auf den Satz und seine Besonderheit konzentrieren. Auf diese Art und Weise löse ich Lückenaufgaben meistens zu 100% richtig. Wenn ich die Aufgaben nur so überfliege und nur schnell die Lücken ausfülle, ist meine Fehlerquote oft höher.

Außerdem kann man handschriftlich einfach so viel besser mit bunten Farben und schönen Stiften arbeiten. Dadurch erhöht sich nicht nur das Vergnügen, sondern auch die Merkfähigkeit. Und man kann mit den ganzen schönen Lehrbüchern und Wörterbüchern arbeiten, die in der digitalen Version einfach keinen Charme haben.

Braucht ihr noch mehr Argumente für die Handschrift? Na gut! Wenn euch das noch nicht überzeugt hat, dann mal im Besserwisser-Stil: Es schadet uns auch allen nicht, wenn wir die Augen mal eine Minute vom Handy-Display wegnehmen und auf ein Blatt Papier schauen. Außerdem beugen wir der Muskelverkümmerung unserer unterforderten Finger vor, wenn wir ab und zu mal einen Stift in die Hand nehmen :)

Ich freue mich über Solidaritätsbekundungen oder Gegenargumente in den Kommentaren und wünsche euch noch einen schönen Sonntag!

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  • Julia vaconsin

    Es gibt ja angeblich auch Studien, die beweisen, dass man besser lernt, was man handschriftlich geschrieben hat. Ich finde es sehr angenehm, ab und zu mal eben nicht zu tippen. Genau das mit den Lückkentext-Übungen mache ich genauso, ich schreibe auch immer den ganzen Satz per Hand. Und wenn ein Wort ums Verrecken nicht in meinen Kopf will, trotz memrise oder Anki etc, dann schreibe ich es einfach handschriftlich ein paar (oder 20) Mal. Mir macht das Spass und es hilft ungemein, finde ich.

    • http://kerstinhammes.com/ Kerstin

      Ich hatte einmal aus Versehen meine Lateinhausaufgaben im Zehnfachen handschriftlich gemacht. Sollte eigentlich nur einmal geschrieben sein. Hat jahrelang im Gedächtnis gehalten.

    • https://stuttgart-isst.com/ Dani Maizner

      Lustig dass du das sagst, aber es macht wirklich einfach mehr Spaß, wenn man etwas mehrfach abschreibt. Ich käme ja nie auf die Idee, ein Wort 20x in Word zu tippen :)

  • http://kerstinhammes.com/ Kerstin

    Toller Artikel und ich stimme auch total zu. Ich bin immer ein Handschriftverteidiger auf meinem Blog - ich frag mich ob wir als Deutsche da irgendwie was von der Schule in uns eingebleut haben?

    • https://stuttgart-isst.com/ Dani Maizner

      Gut möglich :) Das erinnert mich daran, dass wir als Schüler immer die Schulordnung x-fach abschreiben mussten, je nachdem wie groß das Vergehen war. Aber wirklich hängen geblieben ist die nie 😉

      • http://kerstinhammes.com/ Kerstin

        Du hast dich bestimmt viel besser benommen danach 😉

        • https://stuttgart-isst.com/ Dani Maizner

          Haha, klar, das waren lebensprägende Stunden 😉