Was tun, wenn man sich auf nur eine Sprache konzentrieren muss?

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Die Idee für den heutigen Beitrag hat mir wieder einmal mein treuer Leser und guter Polyglot-Freund Farschied geliefert, den einige von euch sicher als aktiven User in der Polyglot-Community auf Facebook kennen. Wir beide befinden uns nämlich derzeit in einer ähnlichen Situation: Wir bereiten uns auf die Prüfung für ein Sprachzertifikat vor, sogar beide für Englisch (ich CPE, er TOEFL, glaube ich). Und da war Farschieds Frage, wie ich es denn schaffe, mich während der Vorbereitungszeit nur auf Englisch zu konzentrieren und meine anderen Sprachen „links liegen“ zu lassen. Und das ist eine so gute Frage, dass ich sie ausführlich auch gerne hier beantworten möchte.

Konzentration-bearbeitet

(c) Daniela Hartmann, Flickr, Creative Commons

Eines vorweg: Diese „Problem“ betrifft natürlich all die Wahnsinnigen unter uns, die ständig mehrere Sprachen lernen bzw. sich einfach gerne mit verschiedenen Sprachen auseinandersetzen. An anderer Stelle würde diese Frage total abgedreht klingen, aber auf einem Sprachenblog, da gehört das einfach diskutiert.

Was ist das Ziel?

Der Frage zugrunde liegt natürlich ein ganz elementarer Gedanke, nämlich: Wie schaffe ich es, mich für eine bestimmte Zeit auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren? Wie ihr vielleicht schon gelesen habt, beschäftige ich mich sehr viel mit den Themen Produktivität, Effizienz und Effektivität und mache mir daher oft bewusst Gedanken zu meinem Vorgehen. Eines der wichtigsten Elemente einer erfolgreichen Projektplanung ist die Zielsetzung. Aber auch wenn man sich ein gutes Ziel gesetzt hat, kann die Zielerreichung jedoch schon im Vorfeld boykottiert werden, nämlich dann, wenn neben diesem Projekt andere Projekte laufen, die sich gegenseitig in die Quere kommen.

Zu Beginn meines CPE-Projektes war mir klar, dass ich mich für eine bestimmte Zeit auf Englisch fokussieren muss und nicht einfach so beispielsweise Chinesisch erlernen kann. Diese Einstellung hilft schon mal sehr. Wer sich zu viel vornimmt, scheitert zwangsläufig. Für mich persönlich ist das eines der schwierigsten Dinge, denn ich glaube immer, dass ich alles schaffen kann, wenn ich nur hart genug arbeite. Aber viele Dinge, die man sich vornimmt, sind gleichzeitig einfach faktisch nicht möglich. Das muss man sich immer wieder vergewissern oder einfach durch die harte Schule lernen, nämlich wenn man sich oft hintereinander einfach zu viel gleichzeitig vornimmt und im Endeffekt weder das eine noch das andere Ziel erreicht.

Wer sich für das Thema Zielsetzung beim Sprachenlernen interessiert, dem empfehle ich den Blog von Judith Mayer, die viele Sprachprojekte erfolgreich umgesetzt hat. Sie beschreibt ihre jeweilige Zielsetzung jeweils sehr genau.

Den zeitlichen Rahmen definieren und vor Augen führen

Es ist nicht das Heilmittel, aber es hilft zumindest ein bisschen. Für jedes Projekt hat einen Start und – empfehlenswerterweise – ein Ende. Dieses Ende ist idealerweise durch ein Datum ausgedrückt. Meine CPE-Vorbereitung endet am 11.06.2015, denn an diesem Tag findet meine Prüfung statt. Ich weiß also, dass ich ab dem 12.06.2015 wieder anderen Sprachen widmen kann.

Allerdings hat die ganze Sache einen Haken, zumindest bei mir. Mein Kopf spielt mir ab und zu Streiche und will mir einreden, dass ich zu wenig mache, also zum Beispiel zu wenig in meine Sprachen investiere. Dann sehe ich den 11.06. als Datum vor mir und sehe dann nur: Hilfe, noch drei Monate, in denen ich keine bzw. nicht wirklich Zeit habe, XY zu machen. Wie gesagt, alles Kopfsabotage, aber mich macht das manchmal irre.

Nichtsdestotrotz ist es im Allgemeinen hilfreich, wenn man sich schon jetzt darauf freuen kann, dass man sich ab einem bestimmten Tag wieder anderen Dingen widmen kann.

Kleine Dosis Abwechslung einbauen

Ganz klar, was verboten ist, wird interessant. Das heißt, wenn man sich eigentlich nur auf Englisch konzentrieren möchte, wird plötzlich Spanisch ganz interessant oder man findet so ein tolles Buch über Japanisch, das man sofort lesen möchte. Da geht es den Sprachbegeisterten nicht anders wie Menschen auf Diät. Aber wie auch schon die Ernährungsberater empfehlen, man muss Schokolade nicht gleich ganz vom Ernährungsplan streichen. Besser in kleinen aber feinen Mengen genießen.

Eine kleine Runde Anki, Memrise oder Duolingo geht sich immer aus (Wichtig, dann auch wieder aufhören!) Auf dem Weg zur Arbeit oder auf die Uni kann man sich eine Folge von einem Podcast anhören oder auf dem Tablet eine Zeitung in der Zielsprache lesen. Auch der Besuch beim Italiener um die Ecke oder beim Sushi-Chef eures Vertrauens kann hilfreich sein.

Mein derzeitiger Favorit ist Duolingo. Dort kann ich ganz einfach eine Runde einer Sprache spielen, sogar einer Sprache, die ich noch gar nicht kann. So habe ich beispielsweise vor ein paar Wochen den Niederländischkurs angefangen. Ich kann noch gar nichts außer ein paar Phrasen, denn ich spiele auch nur alle paar Tage wieder mal eine Runde. Aber ich bin trotzdem zufrieden, denn ich habe das Gefühl, ich kann etwas Neues einfach so zum Spaß anfangen und denke nicht die ganze Zeit, dass mein Englischprojekt mir dabei im Weg steht.

Nächste Projekte planen

Schließlich und endlich kann es helfen, bereits neue Projekte für die Zeit nach dem aktuellen Projekt zu planen. Das ist etwas was mir sehr oft hilft, denn ich habe ständig Angst, dass ich etwas vergesse, vor allem eine interessante Idee (was im Grunde genommen unmöglich ist, denn ich merke mir ständig die noch so unwichtigsten Dinge). Und wenn ich ein neues Projekt bereits kurz skizziere, vielleicht in meinem Notizbuch oder auf einem schnellen Projektplan, dann habe ich doch was in der Hand, auf das ich wieder zurückgreifen kann.

Müssen bzw. wollen

Abschließend weniger ein Tipp als vielmehr ein Gedanke: Es ist schon ein Unterschied, ob ich ein Projekt machen muss oder ob ich es selber machen will. Ein gutes Beispiel dafür ist die Lateinprüfung, die ich mal für die Uni machen musste. Ich war jetzt nicht unbedingt begeistert davon, mich auf die Prüfung vorzubereiten und dementsprechend wollte ich meine Zeit lieber in andere Dinge investieren.

Wenn ihr also ein Projekt durchziehen müsst, dann rate ich dringend dazu, auch ein kleines aber feines Spaßprojekt laufen zu lassen. Es muss ja nicht in der gleichen Intensität ablaufen. Ich habe mir übrigens auch ein kleines Spaßprojekt gesucht, mehr dazu aber in einem der nächsten Posts.

Ihr seid dran!

Wie geht ihr damit um, wenn ihr euch für eine bestimmte Zeit auf eine Sprache – oder eine Sache – konzentrieren müsst? Könnt ihr die anderen schönen Dinge leicht gedanklich in die Zukunft verschieben oder weint ihr öfters den Projekten nach, die ihr derzeit nicht umsetzen könnt? Ich freue mich auf eure Kommentare.

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  • Astrid Stangl

    Ein kleines Spaßprojekt daneben haben, ist sicherlich eine gute Idee. Ich glaube, das Hirn will ja auch ein wenig Abwechslung haben, meines zumindest. Und ich finde mann muss nicht alle anderen Sprachen einstweilen komplett auf Eis legen, nur weil man sich im Moment speziell auf eine konzentrieren muss. Eine andere Idee wäre zum Beispiel, das quasi als Belohnung zu verwenden: also wenn du dein Tagesprogramm für Englisch erledigt hast (oder irgendein bestimmtes Ziel erreicht hast), darfst du ein wenig mit Niederländisch (oder was auch immer) herumspielen.

    Ein anderer Ansatz wäre, das Englischprogramm einfach so interessant und aufregend zu gestalten, dass du es spannend genug findest, um die anderen Sprachen bis Juni warten zu lassen. Also quasi, Freizeitprogramm auch komplett auf Englisch gestalten, lesen, Filme schauen (vielleicht mit Freunden, damit man nicht komplett zum Einsiedler wird), Tandempartner treffen, Tagebuch schreiben (falls einem das liegt, oder Geschichten oder sowas) oder Wikipedia-Artikel zu einem Thema das man gerade toll findet übersetzen. Also alles mögliche, das ein Ausgleich sein kann zum eigentlichen „Lernstoff“ und dich trotzdem nicht von der Sprache wegbringt.

    • https://stuttgart-isst.com/ Dani Maizner

      Ja, die Belohnung ist sicherlich eine gute Idee! Ich habe ja von meiner Mama immer eingetrichtert bekommen: Erst die Arbeit, dann das das Vergnügen.

      Gott sei Dank ist bei mir eh so, dass mir das Englischprojekt wahnsinnig viel Spaß macht. Ich lerne gerade so viele neue Wörter und vor allem Kollokationen und Idiome, es ist toll. Aber nach zwei Stunden lässt auch irgendwann die Gehirnkraft (falls es das Wort gibt) nach. Da ist es dann sehr angenehm, wenn man auf was „nicht-so-wichtiges-aber-trotzdem-sehr-cooles“ zurückgreifen kann.

      • Astrid Stangl

        Ja, das ist die Optimalsituation, wenn die Arbeit gleichzeitig Vergnügen auch noch ist 😀